Jeder hat schon mal etwas über Omega‑3 gehört – sei es in Gesprächen über Ernährung, in Magazinen oder auf Lebensmittelverpackungen. Doch was genau steckt hinter diesem Begriff? Sind Omega-3-Fettsäuren wirklich so gesund, wie es oft behauptet wird? Dieser Beitrag klärt über die gesundheitliche Bedeutung von Omega-3-Fettsäuren auf. Was steckt hinter dem Hype? Sind Omega-3-Fettsäuren wirklich gesund? Und wenn ja, lohnen sich Nahrungsergänzungsmittel?
Was sind Fette?
Um einen besseren Einblick in das Thema zu bekommen, lohnt es sich, zunächst genauer auf den Begriff “Lipide” einzugehen.
Bei Lipiden handelt es sich grob gesagt um einen Überbegriff für fettlösliche Substanzen. Diese Molekülesind wichtige Bestandteile unseres Körpers, die hauptsächlich der Energiebereitstellung dienen. Außerdem übernehmen sie weitere wichtige Aufgaben, wie neuronale Erregungsleitung und endokrine Funktionen.
Nahrungsfette bestehen zu einem großen Teil aus Triglyceriden. Das ist eine Form von Lipiden, die aus dem Molekül Glycerol und drei Fettsäuren besteht. Die Art der enthaltenen Fettsäuren beeinflusst physiologische Eigenschaften zum Beispiel die Verdaulichkeit sowie den Blutfluss und die Blutfettwerte. Neben Triglyceriden setzen sich Lipide aus einer Reihe von unterschiedlichen chemischen Substanzen zusammen. Dazu gehören freie Fettsäuren, Phospholipide, fettlösliche Vitamine und Cholesterin (1).
Fette der Omega‑6 und Omega-3-Reihe
Der menschliche Körper kann einige Fettsäuren selbst herstellen und modifizieren. Es gibt jedoch bestimmte Fettsäuren der Omega-6- und Omega-3-Reihe, die der Körper nicht selbst produzieren kann. Diese müssen daher über die Nahrung aufgenommen werden.Solche Fettsäuren werden als essenzielle Fettsäuren bezeichnet.
Fettsäuren sind chemische Verbindungen, die einen Baustein von Triglyceriden bilden. Sowohl Omega‑3 als auch Omega-6-Fettsäuren bestehen aus einer Säuregruppe und einer Kette von Kohlenstoff-Atomen. Sie unterscheiden sich jedoch in den Doppelbindungen ihrer Kohlenstoffkette. Omega-6-Fettsäuren haben die erste Doppelbindung am sechsten Kohlenstoff-Atom, während Omega-3-Fettsäuren sie am dritten Kohlenstoff-Atom haben (2).
Fettsäuren, die keine Doppelbindung im Molekül aufweisen, werden als gesättigte Fettsäuren bezeichnet. Fettsäuren mit einer einzigen Doppelbindung werden als ungesättigte Fettsäuren bezeichnet. Mehrfach ungesättigte Fettsäuren weisen sogar mehr als eine Doppelbindung auf.
Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für unseren Körper, da sie entzündungshemmende Wirkungen haben. Im Gegensatz dazu wirkt Omega‑6 entzündungsfördernd und ist überwiegend in tierischen Fetten, sowie Sonnenblumen- und Maisöl zu finden. Da diese beiden Fettsäuren in denselben Stoffwechselwegen verarbeitet werden, konkurrieren sie um die gleichen Enzymsysteme. Omega-6-Fettsäuren sind dabei nicht grundsätzlich ungesund. Sie kommen jedoch in sehr hohem Maße in der westlichen Ernährung vor. Durch die erwähnte Konkurrenz kann die entzündungsfördernde Wirkung der Omega-6-Fettsäuren leicht überwiegen. Aus diesem Grund sollte man die Einnahme von Omega‑6 eher reduzieren. In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben zu dem Verhältnis, in dem die beiden Fettsäuren eingenommen werden sollen. Die meisten Angaben liegen dabei bei einem Verhältnis von 5:1 bzw. 2:1 (Omega‑6 zu Omega‑3) (2).
Welche Arten von Omega‑3 gibt es?
Die wichtigsten Vertreter dieser Fettsäuren sind:
- Alpha-Linolensäure (ALA)
- Eicosapentaensäure (EPA)
- Docosahexaensäure (DHA)
Natürliche Quellen von mehrfach ungesättigten Fettsäuren der Omega-3-Reihe sind in verschiedenen Lebensmitteln vorhanden, jedoch meist in begrenzten Mengen. Vor allem Fisch und Fischöl enthalten EPA und DHA, während ALA in pflanzlichen Nahrungsmitteln zu finden ist. Beispielsweise sind Leinsamen besonders ALA-reich.
Die ALA, die in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt, kann im menschlichen Körper nicht direkt hergestellt werden. Sie dient jedoch als Ausgangsmaterial für die Synthese von EPA und DHA. Elongasen und Desaturasen sind Enzyme, die die Kohlenstoffketten verlängern und Doppelbindungen erzeugen. Dadurch entstehen aus ALA längere und mehrfach ungesättigte Fettsäuren wie EPA und DHA gebildet.
Bei der Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren ist es wichtig, auf eine ausreichende Zufuhr von EPA und DHA zu achten. Die enzymatische Umwandlung von ALA zu EPA ist auf maximal 10 bis 15 % begrenzt. Die Umwandlung zu DHA beträgt sogar nur etwa 4 % im menschlichen Körper. Das bedeutet, dass etwa 10 g reines ALA aufgenommen werden müssten, um die empfohlene Zufuhr von 1 g EPA zu erreichen. Aufgrund dieser begrenzten Umwandlungsrate reicht ALA allein nicht aus, um den Bedarf an längerkettigen Omega-3-Fettsäuren zu decken (3).
Wie hoch ist der Bedarf an Omega-3-Fettsäuren?
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich 0,5 % des Tagesbedarfs an Energie in Form von Omega-3-Fettsäuren (ALA) aufzunehmen (4). Bei einem Tagesbedarf von 2400 kcal entspräche das in etwa 1200 mg.
Auch das Department of Health and Human Services (HHS) der USA weist auf die Wichtigkeit von Omega‑3 hin. Eine ausreichende Zufuhr hochwertiger Omega-3-Fettsäuren spielt vor allem für Schwangere und Stillende eine wichtige Rolle. Laut HHS haben die Fettsäuren positive Auswirkungen auf die Vorbeugung frühzeitiger Geburten und eine gesunde Entwicklung des Fetus (5).
Eine Metaanalyse von 2021 fasste die Ergebnisse von 40 Studien mit insgesamt 135.267 Teilnehmern zusammen. Die Autoren empfehlen eine Dosis von 1–2000 mg pro Tag, um die gesundheitlichen Vorteile, vor allem bei kardiovaskulären Krankheiten, auszunutzen. Es wird darauf hingewiesen, dass diese Menge auch in entwickelten westlichen Ländern bei regelmäßigem Fischkonsum kaum erreichbar ist (6).
Welche Quellen von Omega-3-Fettsäuren gibt es?
Studien kommen bezüglich hochwertiger Quellen von Omega-3-Fettsäuren zu unterschiedlichen Ergebnissen. Singer und Wirth (7) zeigten, dass Fisch große Mengen essenzieller Fettsäuren enthält, die allerdings in Abhängigkeit von Fanggebiet und Jahreszeit variieren. Außerdem sollten insbesondere Schwangere berücksichtigen, dass Fisch oft Schwermetalle und Quecksilber enthält. Diese können in zu hohen Dosierungen negative gesundheitliche Folgen verursachen (8).
Als Alternative gibt es eine Reihe an pflanzlichen Quellen zur Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren. Die niedrige Umwandlungsrate von ALA zu EPA und DHA stellt bei der Aufnahme von Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen jedoch eine Herausforderung dar (9).
Lebensmittel | ALA in mg / g |
---|---|
Leinsamenöl, kaltgepresst | 533 |
Chiasamen, getrocknet | 178 |
Wallnüsse, getrocknet | 32 |
Lebensmittel | EPA in mg / g |
---|---|
Fischöl (Mendhaden) | 131 |
Pazifischer Herring, gekocht | 12 |
Fischöl (Lachs) | 130 |
Lebensmittel | DHA in mg / g |
---|---|
Fischöl (Lachs) | 182 |
Makrele, gesalzen | 29 |
Lachs geräuchert mit Haut | 15 |
Das United States Department of Agriculture liefert eine ausführliche Tabelle mit den Quellen der oben genannten Fettsäuren. Hier eine Zusammenfassung der Quellen mit dem höchsten Gehalt an den einzelnen Omega-3-Fettsäuren. (10,11,12)
Supplementation
Reicht die Zufuhr über die Nahrung nicht aus, greifen viele Menschen zu Nahrungsergänzungsmitteln. Die Einnahme von Supplementen ermöglicht eine Kontrolle der Menge und Qualität des zugeführten Omega‑3. Sie kann so, neben einer ausgewogenen Ernährung, dazu beitragen, Mangelerscheinungen zu vermeiden.
Qulitätsmerkmal TOTOX-Wert
Ein wichtiges Qualitätsmerkmal von Omega-3-Nahrungsergänzungsmitteln ist der Oxidationswert (TOTOX-Wert). Durch einen niedrigen TOTOX-Wert können unerwünschte Nebenwirkungen vermieden und Geschmacks- und Geruchsneutralität gewährleistet werden. Bei negativen sensorischen Erfahrungen mit einem Produkt könnte der Wechsel zu einer Alternative hilfreich sein. Hersteller, die den TOTOX-Wert gar nicht deklarieren, sollten eher gemieden werden (13).
Aspekte der Fettverdauung
Neben der Qualität des Supplements ist der Zeitpunkt der Einnahme ein wichtiger Faktor, um eine vollständige Absorption zu ermöglichen. Es wurde gezeigt, dass die Absorption von EPA mit einer fettreichen Mahlzeit eine besonders hohe Rate von bis zu 90% erreicht. Grund dafür ist wahrscheinlich, dass Enzyme und Gallensäuren für die Fettverdauung bereits im Darm sind. Werden die Omega-3-Fettsäuren auf nüchternen Magen eingenommen, fehlen diese Elemente der Fettverdauung. Die Folge: Die Omega-3-Fettsäuren werden schlimmstenfalls unverdaut wieder ausgeschieden (14) (15).
Fazit
Omega-3-Fettsäuren sind wichtige Bausteine für unsere Gesundheit. Sie wirken entzündungshemmend, während Omega-6-Fettsäuren entzündungsfördernd sind. Die verschiedenen Arten von Omega-3-Fettsäuren, darunter ALA, EPA und DHA, haben vielfältige gesundheitliche Vorteile. Gerade in der westlichen Ernährungsweise überwiegt der Anteil von Omega-6-Fettsäuren, welche Wirkung und Absorption der Omega-3-Fettsäuren erschweren. Hier soll auf ein Verhältnis von maximal 5:1 (Omega‑6 zu Omega‑3) geachtet werden. Daher könnte die Verwendung von Nahrungsergänzungsmitteln zur Deckung des Bedarfs an Omega‑3 sinnvoll sein. Bei den Produkten sind Qualität, Reinheit und Einnahmezeitpunkt von entscheidender Bedeutung.
Quellen
- Matissek R. Lebensmittelchemie. 9., neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum; 2019. (Lehrbuch).
- Müller MJ. Optimierte Ernährung, individualisierte Mikronährstoffzufuhr, deren Einfluss auf die psychisch/physische/mentale Leistungsfähigkeit bei Führungskräften und Leistungs-/Spitzensportlern: Der Zusammenhang zwischen der Versorgung mit langkettigen Omega-3- Fettsäuren (EPA/DHA) und der Aufnahme von Mikronährstoffen. Bielefeld: Fachhochschule des Mittelstands; 2020.
- Haller D, Grune T, Rimbach G, Hrsg. Biofunktionalität der Lebensmittelinhaltsstoffe. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; 2012. (Springer-Lehrbuch). Verfügbar unter: http://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:bsz:31-epflicht-1591301.
- DGE. Fett, essenzielle Fettsäuren; 2023 [Stand: 21.08.2023]. Verfügbar unter: https://www.dge.de/wissenschaft/referenzwerte/fett-essenzielle-fettsaeuren/.
- Marshall NE, Abrams B, Barbour LA, Catalano P, Christian P, Friedman JE et al. The importance of nutrition in pregnancy and lactation: lifelong consequences. Am J Obstet Gynecol 2022; 226(5):607–32 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC9182711/pdf/nihms-1812352.pdf.
- Bernasconi AA, Wiest MM, Lavie CJ, Milani RV, Laukkanen JA. Effect of Omega‑3 Dosage on Cardiovascular Outcomes: An Updated Meta-Analysis and Meta-Regression of Interventional Trials. Mayo Clin Proc 2021; 96(2):304–13. doi: 10.1016/j.mayocp.2020.08.034.
- Singer P, Wirth M. Omega-3-Fettsäuren vermindern Blutdruck, Thromboxan B2 und Stressreaktionen bei essentieller Hypertonie. Ernährungs-Umschau 2003; (2):40–4.
- Blume K. Aufnahme von Umweltkontaminanten über Lebensmittel (Cadmium, Blei, Quecksilber, Dioxine und PCB): Ergebnisse des Forschungsprojektes LExUKon. Berlin: Bundesinstitut für Risikobewertung; 2010. (Information) [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://www.bfr.bund.de/cm/350/aufnahme_von_umweltkontaminanten_ueber_lebensmittel.pdf.
- Lane KE, Wilson M, Hellon TG, Davis IG. Bioavailability and conversion of plant based sources of omega‑3 fatty acids – a scoping review to update supplementation options for vegetarians and vegans; 2022 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://www.tandfonline.com/doi/epdf/10.1080/10408398.2021.1880364?needAccess=true&role=button.
- USDA National Nutrient Database for Standard Reference. Nutrients: 18:3 n‑3 c,c,c (ALA) 2016 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://ods.od.nih.gov/pubs/usdandb/ALA-Content.pdf.
- USDA National Nutrient Database for Standard Reference. Nutrients: 20:5 n‑3 (EPA); 2016 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://ods.od.nih.gov/pubs/usdandb/EPA-Content.pdf.
- USDA National Nutrient Database for Standard Reference. Nutrients: 22:6 n‑3 (DHA) 2016 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://ods.od.nih.gov/pubs/usdandb/DHA-Content.pdf.
- Ismail A, Bannenberg G, Rice HB, Schutt E, MacKay D. Oxidation in EPA- and DHA-rich oils: an overview. Lipid Technology 2016; 28(3–4):55–9 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://d‑nb.info/1272514757/34.
- Fereidoon Shahidi and Priyatharini Ambigaipalan. Omega‑3 Polyunsaturated Fatty Acids and Their Health Benefits.
- Lawson LD, Hudges BG. Absorption of eicosapentaenoic acid and docosahexaenoic acid from fish oil triacylglycerols or fish oil ethyl esters co-ingested with a high-fat meal: Biochem Biophys Res Commun; 1988 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2847723/.