Im Zusammenhang mit Erkrankungen hört man den Begriff „Entzündung“ sehr häufig. Entzündete Stellen werden rot, schwellen an und verursachen Schmerzen. Jedoch wissen die meisten Menschen nicht, was eine Entzündung wirklich für den Körper bedeutet: Ein Kampf um Leben und Tod. Das Immunsystem setzt seine Kämpfer in Bewegung, welche die Ursache der Entzündung attackieren. Dies ist für den Körper mit viel Anstrengung und großen Verlusten verbunden. Die Physiologie hinter der Entzündung ist hoch komplex, aber auch sehr faszinierend. Im Folgenden soll Entzündungsprozess genauer beleuchtet werden, um die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen.
Was ist eine Entzündung?
Eine Entzündung ist kein Zustand, sondern viel eher ein Prozess, welcher sich über einen längeren Zeitraum hin erstreckt. Dieser umfasst eine Vielzahl zellulärer und molekularer Reaktionen des Körpers. Eine Entzündung ist eine normale und notwendige Schutzreaktion des Körpers auf Gewebeschäden, Infektionen oder Reizungen. Sie hat dabei das Ziel, den Schaden zu begrenzen, Fremdstoffe zu bekämpfen und die Heilung zu unterstützen.
Zu Beginn steht eine Schädigung oder Reizung. Das kann eine Infektion durch Viren, Bakterien oder Pilze sein, eine allergische Reaktion oder eine Fehlfunktion im Körper. Diese Disruption löst die Entzündungsreaktion aus. Um die Funktion des Immunsystems und die Entstehung einer Entzündung zu veranschaulichen, wird im Folgenden eine bakterielle Infektion beschrieben.
Als erstes müssen die Zellen des Immunsystems den Schaden erkennen und dementsprechend handeln. Die ersten Zellen, die zum Ursprung des Problems gelangen, sind Makrophagen und dendritische Zellen. Sie werden von Signalmolekülen, die von den verletzten Zellen ausgeschüttet werden, aktiviert. Die Makrophagen beginnen sofort, alle nicht-körpereigenen Moleküle, darunter viele Bakterien, zu fressen. Sie besitzen Arme, mit denen sie die Bakterien festhalten, aufnehmen und zerstören. Die dendritischen Zellen sammeln derweil Proben von den Bakterien.
Um mehr der Abwehrzellen und Nährstoffe zum betroffenen Bereich zu transportieren, erweitern sich die Blutgefäße in diesem Gebiet. Außerdem erhöht sich die Durchlässigkeit der Gefäßwände. Das ermöglicht den Immunzellen in das Gewebe einzudringen. Für den Menschen macht sich dies bemerkbar in einem Anschwellen und Erhitzen der betroffenen Stelle.
Die Immunantwort umfasst noch eine Vielzahl weiterer Schritte, wie beispielsweise das Komplement System, Neutrophile und B- und T‑Zellen. Die Hauptakteure einer Entzündung sind meist jedoch eher die Zellen des adaptiven (angeborenen) Immunsystems.
Während der Entzündungsreaktion beginnt der Körper meist direkt schon mit der Reparatur des geschädigten Gewebes. Neue Blutgefäße werden gebildet und sogenannte Fibroblasten produzieren Kollagen, um das Gewebe zu regenerieren.
Ist der Schaden beseitigt und die Angreifer vernichtet, werden Entzündungsmediatoren und ‑reaktionen meist heruntergefahren. Ist dies nicht der Fall, so kann sich jedoch eine chronische Entzündung entwickeln.
Akute versus chronisch-systemische Entzündung
Eine systemische Entzündung betrifft den ganzen Körper und ist nicht auf ein bestimmtes Organ oder Gewebe beschränkt.
Solche Entzündungen werden durch verschiedene Faktoren ausgelöst: Infektionen, Autoimmunerkrankungen, Krebserkrankungen, Traumata, schwere Verbrennungen oder andere Erkrankungen.
Die Symptome variieren stark und hängen von der zugrunde liegenden Ursache ab. Die häufigsten Symptome sind Fieber, Müdigkeit, Gewichtsverlust, Schwäche, Muskelschmerzen, veränderte Blutwerte und erhöhte Entzündungsmarker im Blut.
Eine anhaltende systemische Entzündung hat oft Organschäden zur Folge, da sie die normalen Gewebefunktionen stark beeinträchtigt. Dies führt dann zu weiteren gesundheitlichen Problemen.
Systemische Entzündungen haben meist chronische Erkrankungen als Auslöser. Dazu gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, rheumatoide Arthritis und einige Krebsformen. Faktoren wie Übergewicht, die Ernährung, das Mikrobiom und Bewegungsmangel begünstigen ebenfalls systemische Entzündungen.
Dass der Lebensstil eine entscheidende Rolle bei den Entzündungen spielt, beweisen einige Studien:
Die „westliche Ernährung“ ist geprägt von gesättigten Fettsäuren und Zucker. Sie schädigt dadurch die Barriere zwischen dem Darminneren und dem restlichen Körper. Dies hat zur Folge, dass Schadstoffe leichter in den Körper gelangen und somit systemische Entzündungen auslösen (1,2).
Eine anti-entzündliche Diät wie beispielsweise mediterrane, oder vegetarische Kost, führt nachweislich zu einer Abnahme von Entzündungsmarkern im Blut (3).
Wir lindern Omega-3-Fettsäuren Entzündungen?
Omega-3-Fettsäuren tragen dazu bei, Entzündungsreaktionen im Körper zu modulieren.
Sie hemmen die Produktion von entzündungsfördernden Molekülen wie Prostaglandinen und Leukotrienen. Solche Moleküle spielen eine Schlüsselrolle bei Entzündungsprozessen und können diese verstärken.
Neben der Hemmung bestimmter Stoffe fördern Omega-3-Fettsäuren die Produktion von entzündungshemmenden Molekülen. Dazu gehören die sogenannten Resolvine und Protectine.
Sie könne auch die Aktivität des Immunsystems modulieren, indem sie die Funktion von Immunzellen wie Makrophagen und T‑Zellen beeinflussen. Dies verhindert übermäßig Entzündungsreaktionen.
Oxidativer Stress spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei Entzündungen. Omega-3-Fettsäuren haben antioxidative Eigenschaften und verringern somit den oxidativen Stress im Körper (4,5).
Studien zu Omega-3-Fettsäuren und Entzündungen
Omega-3-Fettsäuren greifen jedoch nicht nur in den Stoffwechsel von Entzündungsmarkern und Immunzellen ein. Sie nehmen sogar Einfluss auf die Genexpression. Dies hat ebenfalls Auswirkungen auf den Entzündungsprozess. Bei der multiplen Sklerose wird das zentrale Nervensystem stark geschädigt. Diese Krankheit ist bislang noch unheilbar. Ursache ist eine Kombination genetischer und umweltbedingter Faktoren. Eine wichtige Rolle im Prozess der Krankheitsentstehung ist die Expression von entzündungsfördernden Genen. Besonders der Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha (TNF-Alfa) scheint im starken Zusammenhang mit multipler Sklerose zu stehen. In einer Kohorten-Studie wurde das Blut von Menschen, die an MS erkrankt sind, untersucht. Dabei wurde eine Korrelation zwischen der Expression von TNF-Alfa und der Einnahme von Omega-3-Fettsäuren gefunden. So nahm die Konzentration von TNF-Alfa im Blut mit Einnahme von Omega-3-Fettsäuren signifikant ab (6).
In einer Meta-Analyse konnten die positiven Effekte von Omega-3-Fettsäuren zusätzlich bestätigt werden: Sie unterdrücken nicht nur die Expression von TNF-Alfa, sondern auch die Expression des Nukleären Faktor Kappa B. Dieser ist ein wichtiger regulatorischer Protein-Komplex. Er spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Genen, die Entzündungsprozesse, Immunantwort und Zelltod modulieren.
Omega-3-Fettsäuren hemmen auch die Expression von COX‑2. Dieses Enzym verstärkt Entzündungsprozesse. Eine Überproduktion begünstigt daher chronische Entzündungen.
Auch die Reaktion des angeborenen Immunsystems kann beeinflusst werden, indem die Produktion von pro-inflammatorischen Botenstoffen verringert wird.
Eine Meta-Analyse zu Omega-3-Fettsäuren und Entzündungsmarkern über verschiedene Erkrankungen hinweg bestätigt die Ergebnisse: Die Fettsäuren senken die Konzentration entzündungsfördernder Substanzen bei verschiedenen, entzündlichen Krankheitsbildern (7).
Fazit
Omega-3-Fettsäuren nehmen erheblichen Einfluss auf unseren Körper. Sie können bestimmte Entzündungsmarker verringern und sogar die Expression bestimmter Gene unterdrücken. Diese Eigenschaften machen sie zu interessanten Kandidaten für die Behandlung von Erkrankungen, die auf einer chronischen Entzündung beruhen. Die Einnahme hat viele gesundheitliche Vorteile und sorgt für ein gesünderes Leben. Ob und wie genau Omega-3-Fettsäuren für eine Therapie entzündlicher Krankheiten genutzt werden können, werden weitere klinische Studien zeigen.
Quellen
- Malesza IJ, Malesza M, Walkowiak J, Mussin N, Walkowiak D, Aringazina R, Bartkowiak-Wieczorek J, Mądry E. High-Fat, Western-Style Diet, Systemic Inflammation, and Gut Microbiota: A Narrative Review. Cells. 2021 Nov 14;10(11):3164. doi: 10.3390/cells10113164. PMID: 34831387; PMCID: PMC8619527.
- Więckowska-Gacek A, Mietelska-Porowska A, Wydrych M, Wojda U. Western diet as a trigger of Alzheimer’s disease: From metabolic syndrome and systemic inflammation to neuroinflammation and neurodegeneration. Ageing Res Rev. 2021 Sep;70:101397. doi: 10.1016/j.arr.2021.101397. Epub 2021 Jun 30. PMID: 34214643.
- Schönenberger KA, Schüpfer AC, Gloy VL, Hasler P, Stanga Z, Kaegi-Braun N, Reber E. Effect of Anti-Inflammatory Diets on Pain in Rheumatoid Arthritis: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2021 Nov 24;13(12):4221. doi: 10.3390/nu13124221. PMID: 34959772; PMCID: PMC8706441.
- Mit Algenöl gegen rheumatische Symptome (gesundheitsforschung-bmbf.de) (5.9.2023)
- Omega-3-Fettsäuren gegen Schmerzen & Entzündungen | Liebscher & Bracht (liebscher-bracht.com) (5.9.2023)
- Ghasemi Darestani, Nadia, et al. “Association of Polyunsaturated Fatty Acid Intake on Inflammatory Gene Expression and Multiple Sclerosis: A Systematic Review and Meta-Analysis.” Nutrients 14.21 (2022): 4627.
- Kavyani, Zeynab, et al. “Efficacy of the omega‑3 fatty acids supplementation on inflammatory biomarkers: An umbrella meta-analysis.” International Immunopharmacology 111 (2022): 109104.