“Fisch ist gut fürs Herz” — eine Aussage, die uns allen vertraut ist. Zweimal die Woche fetten Fisch essen, ist eine gängige Empfehlung. Wenn man sich aber mit dem Thema Omega-3-Fettsäuren und Herzgesundheit auseinandersetzt, stößt man teils auf widersprüchliche Ergebnisse. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen genaueren Blick auf die Auswirkungen von Omega-3-Fettsäuren und die kontroverse Studienlage.
Was sind Herzkreislauf-Erkrankungen?
Herzkreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache in Deutschland. Im Jahr 2021 gab es 340.619 Todesfälle, die allein durch Herzkreislauf-Erkrankungen verursacht wurden (1). Laut RKI gibt es wesentliche Risikofaktoren, die diese Erkrankungen negativ beeinflussen. Dazu zählen Rauchen, Adipositas, Bewegungsarmut, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Diabetes. Diese Risikofaktoren werden durch Verhaltensänderungen und in bestimmten Fällen mit Medikamenten beeinflusst.
Die häufigste Form von Herzkreislauf-Erkrankungen ist die koronare Herzkrankheit (KHK). Dabei handelt es sich um eine chronische Erkrankung der Herzkranzgefäße, bei der Lipideinlagerungen eine Einengung der Gefäße verursachen. Man spricht von einer Arteriosklerose. Diese führt langfristig zu einer Unterversorgung des Herzmuskelgewebes mit Sauerstoff. Häufige Folgeerkrankungen von KHK sind Angina pectoris (Brustenge), Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzinfarkt und Herzrhythmusstörungen (2).
Doch welche Maßnahmen können ergriffen werden, um diese Erkrankungen vorzubeugen oder das Fortschreiten zu verlangsamen? Eine Möglichkeit könnten Omega-3-Fettsäuren sein.
Was sind Omega-3-Fettsäuren und wie wirken sie auf Herzkreislauf-Erkrankungen?
Die wichtigsten Vertreter der mehrfach-ungesättigten Omega-3-Fettsäuren sind Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). ALA gilt als essenziell und dient als Ausgangsmaterial für die Synthese von EPA und DHA. Diese Fettsäuren haben unter anderem entzündungshemmende Eigenschaften (3).
Laut einer Studienanalyse von Abdelhamid et al. (4) tragen Omega-3-Fettsäuren außerdem zu folgenden gesundheitsfördenden Effekten bei:
- Senkung des Blutdrucks
- Verringerung der Triglyceridkonzentration (Blutfettwerte)
- Verringerung der thrombotischen Tendenz (Risiko zur Bildung von Blutgerinnseln)
- Verbesserung der Funktion der vaskulären Endothelzellen (Gefäß-Innenwände)
- Verbesserung der Insulinsensivität
- Erhöhung der Plaquestabilität (Ablagerungen in den Blutgefäßen)
Wie wirken Omega-3-Fettsäuren auf die Gefäße?
Unsere Zellen sind je nach Funktion auf eine genau definierte Zusammensetzung der Fettsäuren ausgelegt. Die Fettsäuren regeln die Eigenschaften der Zelle. Dafür ist die Fettsäurenkomposition von bedeutender Rolle. Die Zellmembran besteht aus Phospholipiden, welche die mechanischen Eigenschaften der Membranen bestimmen. Eine der Aufgaben von Omega-3-Fettsäuren ist es, für die Fluidität Biegsamkeit dieser Membranen zu sorgen. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung tragen Omega-3-Fettsäuren dazu stärker bei als Omega-6-Fettsäuren. Das ist einer der Gründe, weshalb auf ein ausgewogenes Verhältnis von den beiden Fettsäuren zu achten ist. Ein Verhältnis von etwa 1:1 zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ist optimal für den Zellstoffwechsel.
Die Membranflexibiliät wird auch durch Cholesterin beeinflusst, das sich ebenso in der Membran befindet. Wenn ungesättigte Fettsäuren fehlen, müssen mehr Cholesterinmoleküle in der Membran zum Aufrechterhalten der physikalischen Eigenschaften eingebaut werden.
Bei einem Ungleichgewicht der Nährstoffe kommt es durch verschiedene Prozesse zur sogenannten Peroxidation. Dabei werden freie Radikale freigesetzt, die zu Schäden an den Zellen führen. Cholesterin kann sich verteilen, zusammen lagern und kristalline Plaques bilden. Diese Plaques verengen und versteifen die Arterien. Dadurch können Herz-Kreislauferkrankungen verursacht werden. Eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren wirkt diesem Prozess entgegen (5).
Kontroverse Studienlage
Es gibt unzählige Studien zu diesem Thema, die teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Entsprechend stößt man auch im Internet auf unterschiedlichste Aussagen. Laut der Studienanalyse von Abdelhamid et al. (4) wurden in verschiedenen Studien unterschiedliche Arten von Omega-3-Quellen zur Intervention benutzt. Von fettigen Fischen, Fischölen, sowie Ölen und Fetten pflanzlichen Ursprungs bis hin zu Wallnüssen. Diese Quellen wurden entweder in Form von Ölen, Kapseln oder unverarbeiteten Lebensmitteln oral verabreicht. Die kombinierte Betrachtung dieser Quellen erschwert die Interpretation von Studienergebnissen.
Neben der Quelle der Fettsäuren spielen auch eine richtige Dosierung und der Einnahmezeitpunkt eine wichtige Rolle für deren Verwertbarkeit (6). Die Aufnahme der Omega-3-Fettsäuren hängt stark von dem Fettgehalt der Mahlzeit ab, mit der die Omega-3-Quelle aufgenommen wird. Beispielsweise kann durch die Einnahme von Omega‑3 mit einer fettreichen Mahlzeit eine Absorptionsrate von bis zu 90% erreicht werden. Umgekehrt werden Omega-3-Fettsäuren auf nüchternen Magen eingenommen kaum resorbiert. Entsprechend fällt die Wirkung auch geringer aus (7).
Diese Annahme wird von Bernasconi et al. (8) bestätigt. Die richtige Dosierung von EPA und DHA beeinflusste hierbei die mögliche Prävention von Herz-Kreislauferkrankungen. Diese Dosierung soll zwischen 1000 mg und 2000 mg täglich liegen. In den bewertenden Studien war die Höhe der Dosierung unterschiedlich und lag zwischen 400 mg und 5550 mg pro Tag. Eine höhere Dosis könnte aber auch einfach eine geringe Aufnahme kompensieren, wenn die Einnahme nüchtern erfolgte.
Omega-3-Fettsäuren und kardiovaskuläre Risikofaktoren
Trotz der umstrittenen Studienlage konnten positive Effekte von Omega-3-Fettsäuren nachgewiesen werden. So wird in der Metanalyse festgestellt, dass DHA-reiches Rapsöl die Werte des HDL-Cholesterins, die Triglyceride und den Blutdruck verbessert. Somit kann das Risiko einer KHK deutlich verringert und sogar ein plötzlicher Tod durch Herzversagen vorgebeugt werden (6).
In der gleichen Metaanalyse konnte eine weitere Studie keine signifikanten Effekte der Omega-3-Fettsäuren auf das kardiovaskuläre System verzeichnen. Es wird allerdings kritisiert, dass die Dosierung und die Dauer der Einnahme bei der Bewertung keine Rolle gespielt hatten.
Im Gegensatz dazu konnten andere Wissenschaftler bestätigen, dass insbesondere DHA und EPA das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern. Sie führten diesen Effekt auf die Veränderung von Lipiden und Gerinnungsfaktoren zurück.
Die American Heart Association empfiehlt eine Supplementierung von 1000 mg täglich für Patienten mit vorhandener kardiovaskulärer Erkrankung. Sie begründen ihre Empfehlung mit einer Senkung der Triglyzeridwerte und dem Schutz vor Herzrhythmusstörungen und Arteriosklerose (6).
Die Metaanalyse von Bernasconi et al. (8) konnte die positiven Effekte der Supplementation von Omega-3-Fettsäuren ebenfalls bestätigen. Die Wissenschaftler würden unter Berücksichtigung der niedrigen Kosten und des geringen Nebenwirkungsprofils eine Supplementierung mit hochwertigem Omega‑3 in Betracht ziehen.
Fazit
Die Studienlage bezüglich der gesundheitlichen Auswirkungen von Omega‑3 ist nicht eindeutig. Bei genauer Betrachtung der Studien zeigen sich Faktoren, die berücksichtigt werden sollten. Dazu zählen die richtige Art der Omega-3-Fettsäuren, der richtige Zeitpunkt der Einnahme sowie die Höhe der verabreichten Dosis. Studien, die diese Schwierigkeiten in Betracht ziehen, kommen entsprechend auch zu klareren Ergebnissen. Demnach wirken Omega-3-Fettsäuren positiv auf die Herzgesundheit und die Blutfettwerte. Die besten gesundheitsfördenden Ergebnisse wurden in Studien bei einer Dosis von 1000 mg bis 2000 mg erzielt. Die Einnahme soll zu einer fettreichen Mahlzeit stattfinden, da in diesem Fall eine besonders hohe Absorptionsrate ermöglich wird.
Quellen
- Statistisches Bundesamt. Todesursachen in Deutschland; 2021 [Stand: 28.08.2023]. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Todesursachen/_inhalt.html#235880.
- Robert Koch Institut RKI. Gesundheit in Deutschland: Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gesundheit in Deutschland 2015:37–50.
- Müller MJ. Meilensteine in der Gesundheitsmedizin – Spitzenleistung in Wirtschaft und Sport: Der Zusammenhang zwischen der Versorgung mit langkettigen Omega-3- Fettsäuren (EPA/DHA) und der Aufnahme von Mikronährstoffen. Schriftenreihe der FHM 2020; (13):50–63.
- Abdelhamid AS, Brown TJ, Brainard JS, Biswas P, Thorpe GC, Moore HJ et al. Omega‑3 fatty acids for the primary and secondary prevention of cardiovascular disease. Cochrane Database Syst Rev 2020; 3(3):17 — 19. doi: 10.1002/14651858.CD003177.pub5.
- Vilgis TA. Biophysik der Ernährung. 2. Aufl. Berlin: Springer Spektrum; 2022.
- Shahidi F, Ambigaipalan P. Omega‑3 Polyunsaturated Fatty Acids and Their Health Benefits. Annual Review of Food Science and Technology 2018; (9):345–81.
- Lawson LD, Hudges BG. Absorption of eicosapentaenoic acid and docosahexaenoic acid from fish oil triacylglycerols or fish oil ethyl esters co-ingested with a high-fat meal: Biochem Biophys Res Commun; 1988 [Stand: 22.08.2023]. Verfügbar unter: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/2847723/.
- Bernasconi AA, Wiest MM, Lavie CJ, Milani RV, Laukkanen JA. Effect of Omega‑3 Dosage on Cardiovascular Outcomes: An Updated Meta-Analysis and Meta-Regression of Interventional Trials. Mayo Clin Proc 2021; 96(2):304–13. doi: 10.1016/j.mayocp.2020.08.034.