Wer von uns kennt es nicht? Mit den Freunden abends noch etwas länger in der Bar gewesen. Das Buch oder die Serie, die einen gefesselt hat. Schon kam der Schlaf zu kurz. Für eine Nacht scheint es ertragbar zu sein. Doch was ist, wenn der Schlafmangel zum Alltag wird und die Lebensqualität negativ beeinflusst? Schlafstörungen haben nicht nur negative Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche. Langfristig steigern sie auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit und eine geringere Hirnleistung (1). Forschungsergebnisse deuten dabei an, dass Omega-3-Fettsäuren potenziell dazu beitragen, die Schlafqualität und –regulierung zu verbessern.
Was sind Schlafstörungen?
Wenn über Schlafstörung gesprochen wird, sind zumeist die Insomnien gemeint. Diese werden wie folgt unterteilt:
- Einschlafstörung
- Durchschlafstörung
- Früherwachen/Nicht erholsamer Schlaf
Diese drei Formen können allein oder in Kombination auftreten. Zusätzlich wird unterschieden, ob die Insomnie primär als eigenständige Erkrankung oder sekundär auf Grund von Krankheiten auftritt. Die primären Insomnien sind situativ- oder psychisch. Typische Ursachen sind Stress auf der Arbeit oder im Privatleben. Das Gedankenkarussell dreht sich und man findet keine Ruhe. Die sekundären Insomnien treten hingegen in Folge von Erkrankungen, wie der Schlafapnoe, dem Restless-Leg-Syndrom oder Depressionen auf (2).
Halten die Beschwerden länger als 1 Monat an und treten mindestens 3‑mal pro Woche auf, so spricht man von einer Schlafstörung.
Schlafstörungen können verschiedenste Ursachen haben:
- Stress im Berufsleben und/oder Privatleben
- Äußere Faktoren, wie Lärm, Licht, Temperatur
- Ungesunder Lebensstil, dazu gehören:
- Alkohol und/oder Koffein am Abend
- Geringe körperliche Auslastung
- Üppiges Essen zum Abendbrot
- Ängste/Gedankenkarussell
- Arzneimittel
- Krankheiten
- Schlafgedächtnis (Der Körper hat sich an wenig Schlaf gewöhnt) (3)
Eine zentrale Funktion bei der Schlafregulation übernimmt das vegetative Nervensystem. Es reguliert lebenswichtige Funktionen im Körper, ohne unseren willentlichen Einfluss. Beispiele sind der Herzschlag und die Verdauung. Das vegetative Nervensystem wird in zwei Bestandteile ein geteilt: Der Sympathikus aktiviert den Körper in Stresssituationen (“Kampf oder Flucht”), während der Parasympathikus für Ruhe und Erholung sorgt.
Die beiden körpereigenen Hormone Cortisol und Melatonin arbeiten zusammen, um unseren Tag-Nacht-Rhythmus zu regulieren.
Dies beeinflusst Hormone wie Cortisol und Melatonin, die den Schlaf-Wach-Rhythmus und die Stressreaktion beeinflussen (3). Das erklärt, weshalb anhaltender Stress zu den Risikofaktoren gehört.
Stress sorgt für eine vermehrte Ausschüttung des körpereigenen Hormons Cortisol. Es sorgt dafür, dass der Sympathikus und somit auch wir aktiv werden. Der Gegenspieler ist das Melatonin, welches den Parasympathikus aktiviert. Wenn die Cortisol-Konzentration dauerhaft erhöht ist, gelingt es uns nicht, zur Ruhe zu kommen und einzuschlafen (4).
Folgen des Schlafmangels
Die Folgen des Schlafmangels können gravierend werden und sind nicht zu unterschätzen. Konzentrations- und Aufmerksamkeitsdefizite können mehr Stress verursachen. Dies kann wiederum zu einem verzögerten Reaktionsvermögen, kognitiven Störungen und letztendlich zu Unfällen führen. Des Weiteren kann Schlafmangel das Risiko für viele Erkrankungen und damit auch die Mortalität erhöhen. Dazu gehören:
- Grippale Infekte durch ein geschwächtes Immunsystem
- Adipositas durch gesteigerten Appetit (5)
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die erhöhte Aktivität des Herzens
- Depressionen und Angststörungen durch die erhöhte Cortisol-Konzentration (2, 6)
Was kann man gegen Schlafstörungen tun?
Es gibt verschiedene Maßnahmen, die dabei helfen, Schlafstörungen zu mindern und einen erholsamen Schlaf zu fördern. Dazu gehören Maßnahmen der sogenannten Schlafhygiene. Dieser Begriff beschreibt Lebensgewohnheiten und Verhaltensweisen, die den Schlaf positiv beeinflussen.
Schlafhygiene
- Nickerchen am Tag vermeiden
- Keine Reizüberflutung am Abend – Lieber einen Spaziergang, lesen oder
- Entspannungsübungen, wie Yoga machen
- Gedankenstopp – Keine negativen Gedanken zulassen
- Das Zimmer angemessen temperieren, gut lüften und für einen Lärm- und Lichtschutz sorgen.
- Rhythmus angewöhnen — Feste Schlafzeiten integrieren und einhalten
- Abendroutine / ‑rituale (7)
Vor dem Schlafen gehen sollten das Handy, der Fernseher oder andere elektronische Geräte frühzeitig nicht mehr genutzt werden.
Das blaue Licht, welches die Geräte abgeben, hindert den Körper daran das Schlafhormon Melatonin zu bilden.
Die Ernährung und der Lebensstil spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Wer abends zu üppig isst, koffeinhaltige Getränke, Nikotin oder Alkohol zu sich nimmt, erhöht damit sein Risiko für Schlafstörungen. Auch die dauerhafte Nutzung des Smartphones oder langes Sitzen vor dem Fernseher hat negative Auswirkungen. Besser ist es, sich tagsüber ausreichend zu bewegen, um am Abend ausgelastet zu sein.
Dabei muss es nicht immer der Gang zum Fitness-Studio sein. Ein ausgiebiger Spaziergang genügt schon. Es ist zudem wichtig, darauf zu achten, sich ausgewogen zu ernähren und so seinen Körper zu unterstützen. Einige Lebensmittel haben zusätzlich eine schlaffördernde Wirkung. Bananen zum Beispiel sind reich an Magnesium und Kalium, welche wichtige Mineralien für die Melatonin-Synthese sind. In Studien wurde außerdem untersucht, ob Omega-3-Fettsäuren ebenfalls einen positiven Einfluss auf den Schlaf haben.
Helfen Omega-3-Fettsäuren bei Schlafstörungen?
Der Zusammenhang zwischen Omega-3-Fettsäuren und Schlafstörungen gewinnt zunehmend an Bedeutung. Omega-3-Fettsäuren sind für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften und ihre Rolle bei der Unterstützung einer gesunden Gehirnfunktion bekannt. Es wird vermutet, dass diese gesunden Fette auch auf den Schlaf positiven Einfluss haben.
Eine mögliche Verbindung zwischen Omega-3-Fettsäuren und Schlaf besteht darin, dass sie die Konzentration von Serotonin im Gehirn erhöhen. Serotonin ist ein Neurotransmitter, der für die Stimmung und das Wohlbefinden verantwortlich und auch am Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. Eine ausreichende Serotoninproduktion ist somit wichtig für einen stabilen und gesunden Schlaf (8).
Darüber hinaus ist bekannt, dass Omega-3-Fettsäuren die Produktion von Prostaglandinen beeinflussen. Prostaglandine sind hormonähnliche Substanzen, die Entzündungen fördern. Wenn Entzündungen im Körper reduziert werden, führt dies zu einer Verringerung von Schmerzen, die manchmal den Schlaf stören (9).
Was sagt die Studienlage?
Einige Studien berichten, dass langkettige Omega-3-Fettsäuren wie Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), die Schlafqualität verbessern. Diese Fettsäuren haben unter anderem entzündungshemmende Eigenschaften. Daher spielen sie eine Rolle bei der Regulierung von Entzündungsreaktionen im Körper. Entzündungen beeinflussen wiederum die Entstehung von Schlafstörungen.
Entzündungen im Körper können zu Schmerzen führen und Erkrankungen wie die Schlafapnoe fördern. Dabei handelt es sich um eine häufige Form der wiederholten Atmungsstörung während des Schlafes (10). In einer Studie von Scorza et al. Wurde gezeigt, dass Omega-3-Fettsäuren die Schwere der Schlafapnoe beeinflussen. Eine erhöhte Zufuhr der Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (DHA) war dabei mit einer geringeren Schwere der Erkrankung verbunden. Somit deutet die Studie darauf hin, dass gestörte Fettsäuremuster möglicherweise eine ursächliche Rolle spielen (10).
Eine weitere Studie aus den USA untersuchte die Beziehung zwischen den Serumspiegel der langkettigen Omea-3-Fettsäuren und Schlafparametern bei Erwachsenen. Die Ergebnisse zeigten, dass Personen mit sehr kurzer Schlafdauer niedrigere Spiegel der langkettigen Omega-3-Fettsäuren aufwiesen. Die Zusammenhänge blieben auch nach Berücksichtigung soziodemografischer Faktoren signifikant. Diese Faktoren umfassen beispielweise Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Beruf und Wohnort (11). Die soziodemografischen Faktoren sind in dieser Studie relevant, weil sie eine mögliche Erklärung für die Zusammenhänge liefern. So wurde festgestellt, dass Erwachsene mit niedrigem Bildungsniveau und weniger Zugang zu nährstoffreichen Lebensmitteln eine niedrigere Omega-3-Aufnahme haben. Es wurden jedoch keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Spiegeln langkettiger Omega-3-Fettsäuren und Schwierigkeiten beim Einschlafen oder Schlafstörungen beobachtet (8). Nicht nur die Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren, sondern auch das Verhältnis zu Omega‑6 scheint eine Rolle zu spielen. Es zeigte sich, dass ein höherer Verzehr von Omega‑6 zu Omega‑3 mit einem erhöhten Risiko für Schlafstörungen assoziiert war. Dieser Zusammenhang war bei Männern stärker sugeprägt (9).
Eine Übersichtarbeit (12) von 2021 hat 20 Studien, darunter 12 klinische und 8 longitudinale Studien, untersucht. Dabei kam man zu folgenden Ergebnissen:
- Omega‑3 kann die Schlaforganisation und Reife von Säuglingen verbessern. Es reduziert den Anteil aktiven Schlafs und den Übergang zwischen Schlaf und Wachzustand bei Säuglingen und erhöht den Anteil der Wachheit.
- Omega-3- verringerte bei Kindern mit klinisch bedeutsamen Schlafproblemen die Gesamtpunktzahl für Schlafstörungen.
- Es wurde jedoch keine Wirksamkeit von Omega‑3 bei der Gesamtschlafdauer, der Einschlafzeit, der Schlafeffizienz, ‑qualität oder der Schwere von Schlaflosigkeit bei Erwachsenen festgestellt.
Fazit
Die Studienlage deutet darauf hin, dass Omega-3-Fettsäuren eine positive Wirkung auf den Schlaf haben könnten. Insbesondere bei Kindern und Erwachsenen mit Schlafproblemen aufgrund von Entzündungen sind sie eine vielversprechende Option. Allerdings sind weitere Studien erforderlich, um die zugrunde liegenden Mechanismen zu erforschen und um die widersprüchlichen Studien zu untersuchen. Auch um die Beziehung zwischen Omega‑3 und Schlaf in den verschiedenen Altersgruppen zu bestätigen.
Zudem sind die Ursachen für Schlafprobleme vielschichtig. Sie reichen von individuellen Faktoren wie Stress, Lebensstil, Gesundheitszustand, bis hin zu Umwelteinflüssen. Daher sollte die Verbesserung der Schlafqualität stets als ganzheitlicher Ansatz betrachtet werden. Schlafstörungen können eine erhebliche Belastung darstellen und das allgemeine Wohlbefinden beeinträchtigen. Eine gute Schlafhygiene und eine ausgewogene Ernährung tragen dazu bei, die Schlafqualität zu verbessern.
Omega-3-Fettsäuren können dabei mit ihren positiven Eigenschaften und ihren allgemeinen gesundheitlichen Nutzen in die Ernährung mit aufgenommen werden. Sie können zwar in den meisten Fällen nicht als alleinige Therapie von Schlafstörungen dienen. Im Rahmen eines gesunden Lebenswandels tragen sie jedoch zu Vorbeugung und Linderung bei.
Quellen
- ProSomno Schlafmedizinisches Zentrum München » Folgen eines gestörten Schlafes. (n.d.). Retrieved August 6, 2023, from https://www.prosomno.de/schlafmedizinisches-zentrum/schlafwissen/folgen-eines-gestorten-schlafes/
- Geisslinger, G., Menzel, S., Gundermann, T., Hinz, B., & Ruth, P. (2020). Mutschler Arzneimittelwirkungen — Pharmakologie, Klinische Pharmakologie, Toxikologie (11th ed.). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart.
- Blank-Koppenleitner, A. (n.d.). Schlafstörungen: Ursachen, Therapien und Selbsthilfe | Apotheken Umschau. Retrieved August 6, 2023, from https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/schlafstoerungen-ursachen-therapien-und-selbsthilfe-737643.html
- Schlafstörungen: Warum Schlaf so wichtig ist | Apotheken Umschau. (n.d.). Retrieved August 6, 2023, from https://www.apotheken-umschau.de/krankheiten-symptome/symptome/schlafstoerungen-ursachen-therapien-und-selbsthilfe-737643-mehrseiter-2-warum-schlaf-so-wichtig-ist.html
- Schmid, S. M., Hallschmid, M., & Schultes, B. (2015). The metabolic burden of sleep loss. The Lancet Diabetes & Endocrinology, 3(1), 52–62. https://doi.org/10.1016/S2213-8587(14)70012–9
- Stresshormon Cortisol: So wichtig ist es für unseren Schlaf. (n.d.). Retrieved August 6, 2023, from https://meinschlaf.de/gesunder-schlaf/cortisol-stresshormon-14298/
- Dr. Weeß, H.-G. (2021). DGSM Patientenratgeber Ein- und Durchschlafstörungen. Deutsche Gesellschaft Für Schlafforschung Und Schlafmedizin (DGSM). https://www.dgsm.de/fileadmin/patienteninformationen/ratgeber_schlafstoerungen/2021–09-21_Ein-_und_Durchschlafstoerungen.pdf
- Murphy, R. A., Devarshi, P. P., Mun, J. G., Marshall, K., & Mitmesser, S. H. (2022). Association of omega‑3 levels and sleep in US adults, National Health and Nutrition Examination Survey, 2011–2012. Sleep Health, 8(3), 294–297. https://doi.org/10.1016/J.SLEH.2021.12.003
- Luo, J., Ge, H., Sun, J., Hao, K., Yao, W., & Zhang, D. (2021). Associations of dietary ω‑3, ω‑6 fatty acids consumption with sleep disorders and sleep duration among adults. Nutrients, 13(5). https://doi.org/10.3390/nu13051475
- Scorza, F. A., Cavalheiro, E. A., Scorza, C. A., Galduróz, J. C. F., Tufik, S., & Andersen, M. L. (2013). Sleep Apnea and Inflammation – Getting a Good Night’s Sleep with Omega‑3 Supplementation. Frontiers in Neurology, 4. https://doi.org/10.3389/FNEUR.2013.00193
- Soziodemographische Merkmale — NDR Media. (n.d.). Retrieved August 6, 2023, from https://www.ndrmedia.de/medialexikon/soziodemographische-merkmale/
- Dai, Y., & Liu, J. (2021). Omega‑3 long-chain polyunsaturated fatty acid and sleep: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials and longitudinal studies. Nutrition Reviews, 79(8), 847. https://doi.org/10.1093/NUTRIT/NUAA103