Ein fröhliches Kind zu Hause, das zeigt, wie Omega-3-Fettsäuren bei der Bewältigung von ADHS helfen können.

Omega‑3 und ADHS: Kann eine gesun­de Ernäh­rung die Kon­zen­tra­ti­on ver­bes­sern?

Unru­he und Kon­zen­tra­ti­ons­schwie­rig­kei­ten sind bei Kin­dern weit ver­brei­tet und wahr­schein­lich auch in gewis­sem Maße nor­mal. Den­noch stel­len sie Eltern und Leh­rer vor Her­aus­for­de­run­gen. Gera­de die aus­ge­präg­te Form von ADHS geht für die betrof­fe­nen Kin­der mit nicht zu unter­schät­zen­dem Lei­dens­druck ein­her. Doch gibt es Mög­lich­kei­ten, die Sym­pto­me von ADHS zu lin­dern und die Kon­zen­tra­ti­on zu ver­bes­sern? Eine viel dis­ku­tier­te Frage betrifft den Ein­fluss von Omega-3-Fett­säu­ren auf ADHS.

Was ist ADHS?

ADHS (Aufmerk­sam­keitsdefi­zit-Hyper­ak­ti­vi­tätsstörung) ist eine neu­ro­lo­gi­sche Ent­wick­lungs­stö­rung. Sie mani­fes­tiert sich vor allem in der Kind­heit und bleibt oft bis ins Erwach­se­nen­al­ter bestehen. Die Haupt­sym­pto­me von ADHS umfas­sen Unauf­merk­sam­keit, Impul­si­vi­tät und Hyper­ak­ti­vi­tät. Kin­der mit ADHS haben Schwie­rig­kei­ten sich zu kon­zen­trie­ren und Auf­ga­ben zu orga­ni­sie­ren. Es fällt ihnen schwer, Impul­se zu kon­trol­lie­ren und in bestimm­ten Situa­tio­nen ruhig zu sit­zen (1,2).

Epi­de­mio­lo­gie und Dia­gno­se:

ADHS ist eine der häu­figs­ten neu­ro­lo­gi­schen Stö­run­gen im Kin­des­al­ter. Etwa 2- 6% der Kin­der welt­weit lei­den dar­un­ter, wobei Jun­gen häu­fi­ger betrof­fen sind als Mäd­chen. Die Dia­gno­se von ADHS erfolgt in der Regel in der Kind­heit durch spe­zia­li­sier­te Fach­leu­te wie Kin­der­ärz­te oder Psych­ia­ter. Sie berück­sich­ti­gen dabei bestimm­te Kri­te­ri­en, die im DSM‑5 (Dia­gnos­ti­sches und Sta­tis­ti­sches Manu­al Psy­chi­scher Stö­run­gen, 5. Auf­la­ge) fest­ge­legt sind. Eine Dia­gno­se vor dem 3. Lebens­jahr soll­te nicht gestellt wer­den (1,3).

Eine visuelle Darstellung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der ADHS-Diagnose über die Lebensspanne.
Eine visu­el­le Dar­stel­lung der geschlechts­spe­zi­fi­schen Unter­schie­de in der ADHS-Dia­gno­se über die Lebens­span­ne.

Ursa­chen und Risi­ko­fak­to­ren

Die genau­en Ursa­chen von ADHS sind noch nicht voll­stän­dig geklärt. Es wird ange­nom­men, dass sowohl gene­ti­sche als auch Umwelt­fak­to­ren eine Rolle spie­len. Zu den Risi­ko­fak­to­ren gehö­ren (1,4):

  • fami­liä­re Vor­be­las­tung
  • Rau­chen und Alko­hol­kon­sum wäh­rend der Schwan­ger­schaft
  • Früh­ge­bur­ten und nied­ri­ges Geburts­ge­wicht
  • Gehirn­ver­let­zun­gen

The­ra­pie

Die Behand­lung von ADHS setzt sich aus ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten zusam­men. Sie umfasst Ver­hal­tens­the­ra­pie, psy­cho­so­zia­le Unter­stüt­zung und gege­be­nen­falls eine medi­ka­men­tö­se The­ra­pie. Diese besteht meist aus Sti­mu­lan­zi­en wie Methyl­phe­ni­dat oder Amphet­ami­nen. Die Wahl der Behand­lung hängt von der indi­vi­du­el­len Situa­ti­on des Kin­des ab (3).

Haben die Ernäh­rung und der Lebens­stil Ein­fluss auf ADHS?

Der Zusam­men­hang zwi­schen Ernäh­rung und ADHS ist ein kom­ple­xes und kon­tro­ver­ses Thema. Es gibt Hin­wei­se dar­auf, dass eine gesun­de Ernäh­rung und ein gesun­der Lebens­stil zur Ver­bes­se­rung der ADHS-Sym­pto­ma­tik bei­tra­gen. Dies gilt nicht nur für Kin­der mit ADHS, son­dern auch für die Prä­ven­ti­on ande­rer Erkran­kun­gen. Da Men­schen mit ADHS ein erhöh­tes Risi­ko für ande­re Erkran­kun­gen haben, ist ein gesun­der Lebens­wan­del für sie dop­pelt sinn­voll (5).

Meh­re­re Stu­di­en haben den Ein­fluss der Ernäh­rung auf ADHS unter­sucht. Eine Ernäh­rung reich an Obst, Gemü­se, Voll­korn­pro­duk­ten und Pro­te­inen kann die Gehirn­funk­ti­on und das Ver­hal­ten posi­tiv beein­flus­sen. Auf der ande­ren Seite wur­den Zusam­men­hän­ge zwi­schen zucker- und fett­hal­ti­gen Lebens­mit­teln, Farb- und Kon­ser­vie­rungs­stof­fen und der ADHS-Sym­pto­ma­tik gefun­den (2,6). Schät­zungs­wei­se 8% der Kin­der mit ADHS haben mög­li­cher­wei­se Sym­pto­me, die mit syn­the­ti­schen Lebens­mit­tel­far­ben zusam­men­hän­gen. Aber auch hier sind wei­te­re For­schun­gen nötig (7).

Wie hel­fen Omega-3-Fett­säu­ren bei ADHS?

Eine inter­es­san­te Kom­po­nen­te der Ernäh­rung, die in Bezug auf ADHS unter­sucht wurde, sind Omega-3-Fett­säu­ren. Sie gehö­ren zu den essen­zi­el­len Fett­säu­ren und müs­sen des­halb durch die Nah­rung auf­ge­nom­men wer­den. Ent­hal­ten sind sie vor allem in fet­tem Fisch wie Lachs, Makre­len und Thun­fisch sowie in Lein­sa­men und Wal­nüs­sen. Sie sind wich­tig für die Ent­wick­lung und Funk­ti­on des Gehirns.

Omega-3-Fett­säu­ren spie­len eine ent­schei­den­de Rolle in der neu­ro­na­len Ent­wick­lung. Sie sind Bestand­teil der Zell­mem­bra­nen im Gehirn und beein­flus­sen die Signal­über­tra­gung zwi­schen den Ner­ven­zel­len. Dar­über hin­aus haben Omega-3-Fett­säu­ren ent­zün­dungs­hem­men­de Eigen­schaf­ten, die für die Gesund­heit des Gehirns von Bedeu­tung sind. Ein Man­gel an Omega-3-Fett­säu­ren kann zu einer gestör­ten neu­ro­na­len Funk­ti­on füh­ren (4). Eine ent­schei­den­de Rolle scheint die Omega-3-Fett­säu­re DHA (Doco­sa­he­xa­en­säu­re) zu spie­len. DHA ist wich­tig für die Hirn­funk­ti­on und –Struk­tur. Eine erhöh­te Auf­nah­me im 3. Tri­mes­ter der Schwan­ger­schaft wirkt sich posi­tiv auf die Gesund­heit von Mut­ter und Kind aus (4). Stu­di­en zei­gen außer­dem, dass Kin­der mit ADHS häu­fig einen nied­ri­gen DHA-Spie­gel haben (8, 9).

Bild eines gestressten Kindes als visuelle Darstellung der Emotionen bei ADHS und der Rolle von Omega-3-Fettsäuren.

Hel­fen Omega-3-Fett­säu­ren bei ADHS?

Die For­schung zur Wir­kung von Omega-3-Fett­säu­ren auf ADHS ist noch im Gange und die Ergeb­nis­se sind bis­her gemischt. Eini­ge Stu­di­en haben gezeigt, dass Kin­der mit ADHS nied­ri­ge­re Spie­gel von Omega-3-Fett­säu­ren im Blut auf­wei­sen. Dies hat zu der Hypo­the­se geführt, dass eine erhöh­te Zufuhr von Omega-3-Fett­säu­ren die Sym­pto­me von ADHS ver­bes­sern könn­te.

Eine Über­prü­fung meh­re­rer Stu­di­en kam zu dem Schluss, dass Omega-3-Fett­säu­ren bei eini­gen Kin­dern mit ADHS die Sym­pto­me redu­zie­ren. Ins­be­son­de­re Sym­pto­me im Bereich der Unauf­merk­sam­keit wur­den ver­bes­sert (8, 9). Es ist jedoch wich­tig zu beach­ten, dass nicht alle Stu­di­en zu ein­deu­ti­gen Ergeb­nis­sen kom­men (10, 11). Es gibt eini­ge Hin­wei­se dar­auf, dass Omega-3-Fett­säu­ren die Sym­pto­me von ADHS im Ver­gleich zu einem Pla­ce­bo ver­bes­sern. Jedoch sind die Ergeb­nis­se noch zu unge­nau (12). Die Ver­bes­se­run­gen, die durch Omega-3-Fett­säu­ren erzielt wer­den, kön­nen von Per­son zu Per­son vari­ie­ren.

Die Stu­die von Milichap et al. erwähnt, dass eine Omega-3-Ergän­zung als neus­te diä­ti­sche Behand­lung mit posi­ti­ven Berich­ten über die Wirk­sam­keit gel­ten. Ein Ver­such mit einer Omega-3-Zufuhr ist durch­aus sinn­voll (13). Es ist aller­dings wich­tig zu beto­nen, dass Ernäh­rung allein kein ADHS hei­len kann. Sie trägt aber dazu bei, die Sym­pto­me zu mil­dern.

Fazit

Die vor­lie­gen­den For­schungs­er­geb­nis­se deu­ten dar­auf hin, dass Omega-3-Fett­säu­ren eine Ergän­zung bei der Behand­lung von ADHS sein könn­ten. Vor allem im Hin­blick auf die Ver­bes­se­rung der Auf­merk­sam­keits­pro­ble­me. Den­noch ist die Stu­di­en­la­ge ins­ge­samt noch zu unge­nau und wider­sprüch­lich, um eine klare Emp­feh­lung aus­zu­spre­chen.

Eine aus­ge­wo­ge­ne Ernäh­rung, die reich an Omega-3-Fett­säu­ren ist, leis­tet einen wert­vol­len Bei­trag zur ganz­heit­li­chen Bewäl­ti­gung von ADHS. Es ist jedoch wich­tig, rea­lis­ti­sche Erwar­tun­gen zu haben und die indi­vi­du­el­len Bedürf­nis­se jedes Kin­des zu berück­sich­ti­gen. Die Ent­schei­dung, Omega-3-Fett­säu­ren in die Ernäh­rung eines Kin­des mit ADHS zu inte­grie­ren, soll­te in Abspra­che mit einem Fach­arzt getrof­fen wer­den. Die Behand­lung von ADHS soll­te stets umfas­send sein. Das umfasst Ver­hal­tens­the­ra­pie, psy­cho­so­zia­le Unter­stüt­zung und gege­be­nen­falls medi­ka­men­tö­se The­ra­pie. Eine gesun­de Ernäh­rung und Lebens­wei­se beein­flus­sen nicht nur die ADHS-Sym­pto­me, son­dern för­dern auch das all­ge­mei­ne Wohl­be­fin­den. Zudem wird das Risi­ko für ande­re Erkran­kun­gen redu­ziert. Eine aus­ge­wo­ge­ne Ernäh­rung reich an Omega-3-Fett­säu­ren, Obst, Gemü­se und Voll­korn­pro­duk­ten leis­tet somit einen wich­ti­gen Bei­trag zur kind­li­chen Gesund­heit.

Quel­len

  1. ADHS: Was ist das? — ADHS-Info. (n.d.). Retrie­ved Sep­tem­ber 5, 2023, from https://www.adhs.info/fuer-eltern-und-angehoerige/adhs-was-ist-das/
  2. Del-Ponte, B., Quin­te, G. C., Cruz, S., Grel­lert, M., & San­tos, I. S. (2019). Die­ta­ry pat­terns and atten­ti­on deficit/hyperactivity dis­or­der (ADHD): A sys­te­ma­tic review and meta-ana­ly­sis. Jour­nal of Affec­ti­ve Dis­or­ders, 252, 160–173. https://doi.org/10.1016/J.JAD.2019.04.061
  3. AWMF Leit­li­ni­en­re­gis­ter. (n.d.)Kurzfassung. Retrie­ved Sep­tem­ber 6, 2023, from https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/028–045
  4. Mar­tins, B. P., Bandar­ra, N. M., & Figuei­re­do-Braga, M. (2020). The role of mari­ne omega‑3 in human neu­ro­de­ve­lo­p­ment, inclu­ding Autism Spec­trum Dis­or­ders and Atten­ti­on-Defi­ci­t/­Hy­perac­ti­vi­ty Disorder–a review. Cri­ti­cal Reviews in Food Sci­ence and Nut­ri­ti­on, 60(9), 1431–1446. https://doi.org/10.1080/10408398.2019.1573800
  5. Auf­merk­sam­keits­de­fi­zit- und Hyper­ak­ti­vi­täts­stö­rung (ADHS). (n.d.). Retrie­ved Sep­tem­ber 6, 2023, from https://www.gesundheitsinformation.de/aufmerksamkeitsdefizit-und-hyperaktivitaetsstoerung-adhs.html
  6. Fars­ad-Nae­i­mi, A., Asjo­di, F., Omi­di­an, M., Aska­ri, M., Nouri, M., Pizar­ro, A. B., & Daneshzad, E. (2020). Sugar con­sump­ti­on, sugar sweeten­ed bever­a­ges and Atten­ti­on Defi­cit Hyperac­ti­vi­ty Dis­or­der: A sys­te­ma­tic review and meta-ana­ly­sis. Com­ple­men­ta­ry The­ra­pies in Medi­ci­ne, 53, 102512. https://doi.org/10.1016/J.CTIM.2020.102512
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  8. Chang, J. P. C., Su, K. P., Mond­el­li, V., & Pari­an­te, C. M. (2018). Omega‑3 Poly­un­sa­tu­ra­ted Fatty Acids in Youths with Atten­ti­on Defi­cit Hyperac­ti­vi­ty Dis­or­der: A Sys­te­ma­tic Review and Meta-Ana­ly­sis of Cli­ni­cal Tri­als and Bio­lo­gi­cal Stu­dies. Neu­ro­psy­cho­phar­ma­co­lo­gy, 43(3), 534–545. https://doi.org/10.1038/NPP.2017.160
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